Suarna
Suarna ist der neunte Monat des Jahres.
Beschreibung
Wie der Oiletwei als Sonnenaufstieg, so gilt der Suarna als Sonnenfall. Auch der Spätsommer kennt lange Abende und laue Nächte, nach der brütenden Hitze des Bedrevin sind seine linden Sonnentage eine Wohltat für die Bevölkerung. Sarmakands Jahreszeit neigt sich dem Ende zu, Sylaphar und Jimane ziehen erneut ins Land. Die Geister des Windes und der Vergänglichkeit scheiden selbander den Sommer vom Herbst, weshalb der Monat altsprachlich Scheiding genannt wird.
Während anhin die Arbeit der Bauern stets länger und härter geriet, mindert sie sich forthin. Vielerorts beginnt noch während der Ernte, spätestens aber sobald die letzte Garbe eingebracht ist, der zweite Schnitt. Das Grummet, wie die Grünmahd landläufig genannt wird, muss noch länger als die Heumahd im Mirsoval auf den Wiesen trocknen. Tag für Tag wird gemäht, gerecht und gewendet, bis das Futter schließlich eingebracht werden kann. Im Heuschober wird es gelagert und muss das Vieh den längsten Teil des Winters ernähren, denn die Nachmahd, die meist im Spätherbst eingebracht wird, fällt deutlich spärlicher aus.
Gegen Ende Suarna wird allenthalben Erntedank gefeiert. Dieses Fest wurde immerdar begangen, es reicht bis in die Tage der Grauzeit zurück, als die freien Völker jung auf Erden waren. Zeither hat es das alte Gorm und das jüngere Dagrun überdauert, wurde zuerst mit regionalem Naturglauben, später mit freien Geistern und mit den Göttern verquickt, und hat dabei stets einen Teil seiner Essenz bewahrt. In vielen Dörfern findet dieses Fest in mannigfaltiger Weise Ausdruck. Den meisten Festlichkeiten gemein ist nur, dass um die Tag- und Nachtgleiche etwa eine Woche vor Ende des Monats Teile der diesjährigen Ernte dargebracht werden. Hat Levonar ihr Füllhorn im Überfluss über dem Land geleert, dann finden sich an ihren Wegschreinen Hafergarben und Rote Beete, Kohl und Pastinaken, Linsen und Erbsen, Äpfel und Weintrauben. Auch in kargen Jahren erhält die Fruchtbarkeitsgöttin ihren Anteil, doch muss sie sich dann häufig mit einigen Gerstenähren oder Runkelrüben begnügen. Vielerorts wird auch der Zernalon, der freie Geist der Natur, bedacht.
An dieser Stelle sei eine Theorie aus den Apokryphen erwähnt: Eine halbelfische Gelehrte hat unlängst die Vermutung geäußert, dass weiland im Frühjahr die rituelle Vereinigung eines Sonnengottes mit einer Erdgöttin erfolgte. Demnach folgte zum Erntedank die Niederkunft der Erdenmutter, die Ernte symbolisiere ihre Leibesfrucht. Über den Winter stirbt die alte Göttin und wird im nächsten Jahr in Gestalt ihrer Tochter wiedergeboren. Soweit ist die Theorie unverfänglich, doch gipfelt sie in der Vermutung, dass einzelne Züge beider Gottheiten in Kordan und Levonar überdauert haben. Eine Zusammenarbeit des Drachengottes mit der Fruchtbarkeitsgöttin stößt bei Gläubigen beider Seiten auf strikte Ablehnung, sintemal Licht und Dunkelheit in der orthodoxen Lehre als unvereinbar gelten, so dass eine rituelle Vereinigung zwischen beiden Gottheiten schlechterdings undenkbar ist.
In den Städten beginnt die zweite Phase der großen Markttage. Ein Teil der Ernte wechselt direkt ihren Besitzer, vor allem Gemüse, das nicht lange haltbar ist oder Vieh, das die Bauern nicht aus eigener Kraft über den Winter bringen. Die freien Bauern, die ihre Ernte an kleinen Ständen feilbieten, sind jedoch eine Ausnahmeerscheinung. Meist sind es Grundherren, die ganze Abteilungen des Marktes gepachtet haben, um ihre Erzeugnisse zu verkaufen, die nur zu einem kleinen Teil von ihren eigenen Fronhöfen stammen. Direkt nach der Ernte haben sie den Zehnt von ihren Grundholden in Form von Getreide und Feldfrüchten eingefordert; manche Grundherren machen sich zusätzlich den Anfeilzwang zunutze, der ihnen ein Vorkaufsrecht an allen Gütern einräumt, die auf ihrem Grund und Boden erwirtschaftet wurden.
Getreide und Feldfrüchte, Ziegen und Lämmer, aber auch Birnen und Weintrauben wechseln ihren Besitzer. In den nächsten zwei Monaten wird in den Städten und an den Höfen geschlemmt, niemals sonst gibt es ein derart reiches Sammelsurium an Speise und Trank wie im Scheiding. Daneben beginnt die Vorratshaltung für den Winter: Der Kohl wird fermentiert, die Früchte getrocknet oder kandiert, das Fleisch gepökelt oder geräuchert. Schon jetzt fahren die Bauern einen Teil ihres Getreides zum Müller, um das Mehl rechtzeitig vor dem Wintereinbruch wieder abzuholen.
Eine Spezialität der Klöster und großen Adelshöfe ist die Weinlese. Die Trauben werden direkt nach der Ernte gekeltert und zum ebenso beliebten wie teuren Wein verarbeitet. In den sonnigen Regionen, in denen die Trauben wachsen, sind Traubensaft und Wein ebenso verbreitet wie Bier, doch je weiter nördlich man gelangt, desto exklusiver wird der süße Traubensaft. Hier leistet man sich allenfalls gelegentlich eine Flasche billigen Tresterweines, während die allbekannten Sorten ein kaum erschwingliches Luxusgut sind.
Feiertage
- Lumetis' Tyrannei am 05. Suarna
- Zernalons Raserei am 09. Suarna